Familienrecht: Türkeireise erfordert Zustimmung beider Elternteile

Bei gemeinsamer elterlicher Sorge unterfällt die Entscheidung, mit dem Kind eine Urlaubsreise in die Türkei durchzuführen, unter den gegenwärtigen dortigen Verhältnissen nicht der Alleinentscheidungsbefugnis eines Elternteils (OLG Frankfurt, Aktenzeichen 5 UF 206/16).

Können sich Eltern in einer einzelnen Angelegenheit der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, überträgt das Familiengericht einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis. Eine solche gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern setzt voraus, dass die Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind ist. Hier ist eine Abgrenzung zu Angelegenheiten des täglichen Lebens zu treffen, da die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens bei dem Elternteil liegt, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält. Doch wann ist die Grenze zu einer Entscheidung von erheblicher Bedeutung überschritten? Nach der gesetzlichen Definition sind Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Im Umkehrschluss dazu sind Angelegenheit von erheblicher Bedeutung alle diejenigen, die nicht diesen Anforderungen entsprechen.


Das OLG Frankfurt sieht eine Türkeireise unter den derzeitigen Umständen nicht als Angelegenheit des täglichen Lebens an, sondern als eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Es habe mehrfach Terroranschläge in der Türkei – im Jahr 2015 auch in der Region von Antalya – sowie laut Medienberichten auch Drohungen mit terroristischen Anschlägen in der Touristenregion gegeben. Damit würden besondere mit dem Reiseziel verbundene Risiken vorliegen, die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehen, so dass es der Zustimmung des anderen Elternteils zur Urlaubsreise bedürfe.

 

Autor: Tobias Böing